Nach der Erneuerung der anderen Knotenpunktbahnhöfe im Rheintal – zuletzt Hohenems und Rankweil – ist nun auch Götzis an der Reihe.
Götzis hat bzw. hatte vor den Umbauten mit Hausbahnsteig, breiter Unterführung, Stiege und Rampe zum Inselbahnsteig und mit kurzer Busanbindung den funktional vergleichsweise besten Bahnhof im Rheintal.
Entscheidende Voraussetzung für alles Weitere ist die Situierung von Gleisen, Bahnsteigen und Unterführungen. In diesem Beitrag geht es daher um diese bedeutendste Weichenstellung.
Ziele des Umbaus:
Behindertengerechtigkeit:
- Lifte zu den Bahnsteigen und
- Anheben der Bahnsteige zum stufenlosen Übergang in die Regionalzüge.
- Einsparen von Fahrzeit durch schnelles Ein- und Ausfahren der in Götzis haltenden Züge (in Richtung Bregenz), die wegen der Weichen derzeit über eine lange Strecke nur 60 km/h fahren können.
Zielvorstellungen für das Umfeld:
- Ausreichend dimensionierte, attraktive Bushaltestelle
- Neue erweiterte, möglichst diebstahl- und vandalensichere Radabstellanlagen
- Radwegquerung: Unterführung mit weniger steilen, breiteren Rampen (soll vom Bahnsteigzugang getrennt sein)
- Impulse zur Aufwertung des gesamten „Bahnhofsviertels“, wie im Rheintalkonzept für (ÖV-) verkehrsgünstige Lagen vorgeschlagen.
Der Umbauvorschlag der ÖBB:
- Der Hausbahnsteig wird aufgelassen
- Zwischen den beiden durchgehenden Hauptgleisen wird ein neuer Mittelbahnsteig gebaut, der über eine Stiege und einen Lift erreicht werden kann.
- Das Hauptgleis Richtung Feldkirch wird verschoben, die anderen Gleise bleiben.
Im Gegensatz zu allen vergleichbaren Bahnhöfen (Hohenems, Rankweil, Lauterach, Dornbirn) möchten die ÖBB ausgerechnet in Götzis den Hausbahnsteig auflassen und die Züge in beide Richtungen an einem Inselbahnsteig abfertigen. In Götzis begegnen sich die Regionalzüge. Die Fahrgastströme addieren sich daher und verlaufen zudem oft in entgegengesetzte Richtungen. Während in Rankweil Busse des Oberlandes, in Hohenems Busse des Unterlandes und eine Linie in die Schweiz halten, sind in Götzis gleich drei Bussysteme mit der Bahn verknüpft: die Busse des Unterlandes, des Oberlandes und die Ortsbusse am Kumma – mit vielen Umsteigern und oft knappen Umsteigezeiten. Es wäre geradezu ein Schildbürgerstreich, alle Fahrgäste der Bahn auf den unbequemen, zeitraubenden Weg durch die Unterführung zu zwingen, wo sie sich zudem oft gegenseitig behindern. Bei Verspätungen würden viele Anschlüsse verpasst, die mit den derzeitigen Wegführungen funktionieren!
In Götzis können Züge mit 160 bzw. 150 km/h durch den Bahnhof fahren. Es kann auch vorkommen, dass dies gleichzeitig in beide Richtungen passiert – für Wartende am Bahnsteig höchst „ungemütlich“ bis gefährlich, wenn man sich auf einen heranrasenden Zug konzentriert und einem ein zweiter überraschend „in den Rücken fährt“.
Bei der ÖBB-Variante geht zudem die Rampe zum Bahnsteig verloren, die für Radfahrer oder größere Gruppen mit Koffern große Vorteile bietet (die Rampe kann den unverzichtbaren Lift aber nicht ersetzen!)
Der ÖBB-Vorschlag verstärkt die Wahrnehmung der Trennwirkung durch die Bahn (dies kann beispielsweise bei Mittelbahnsteig-Bahnhöfen in Lochau, Nenzing oder Ludesch beobachtet werden).
Zusammenfassend stellen wir fest: Die Mittelbahnsteig-Variante der ÖBB für den Bahnhof Götzis bringt gravierende Verschlechterungen gegenüber der derzeitigen Situation. Wir lehnen sie daher kompromisslos ab!
Grüner Vorschlag (der von den ÖBB derzeit genauer bewertet wird):
- Der bestehende Hausbahnsteig wird zum durchgehenden Hauptgleis vorverschoben,
- das derzeitige Gleis in diesem Bereich aufgelassen.
- Der südseitige Rest des derzeitigen Hausbahnsteig-Gleises wird mit einer Weiche neu in das durchgehende Hauptgleis eingebunden.
- Der Inselbahnsteig wird in seiner Lage belassen, für den stufenlosen Zugang in die Nahverkehrszüge angehoben und über einen Lift erreichbar gemacht.
Mögliche weitere Details:
Die bestehende Unterführung wird auch als Radwegverbindung genutzt; die Rampe zum Inselbahnsteig belassen, die Unterführung verkürzt, die Außenrampen flacher und breiter gebaut. Über eine neue Unterführung erreicht man den Inselbahnsteig mit Stiege und Lift (die ÖBB wollen eine vom Radweg getrennte Bahnsteigerschließung).
Unser Vorschlag behält alle bestehenden Vorzüge bei und erfüllt die angestrebten Ziele. Der Platzgewinn im wichtigen Bereich der Bushaltestelle bringt wertvollen Gestaltungsspielraum.
Die Verkürzung des bestehenden Hausbahnsteig-Gleises ist vertretbar. Mit diesem „Restgleis“ mit ca. 300 m Nutzlänge kann die notwendige Verschubtätigkeit zur Bedienung des Anschlusses der Fa. Loacker-Recycling problemlos durchgeführt werden. Das unverändert bestehende westliche „Nebengleis“ mit einer Länge von mehr als 750 m kann die längsten Züge aufnehmen, hat eine Bahnsteigkante und ermöglicht eine optimale Anbindung des Hilti-Anschlussgleises, das erfreulicherweise reaktiviert werden soll.
Der von den ÖBB ins Treffen geführte Nachteil, dass im „Restgleis“ kein langer Zug mehr abgestellt werden kann (insbesondere für Überholvorgänge), ist keineswegs gravierend. Langjährige Beobachtungen der Belegung der Nebengleise in Götzis und den anderen Bahnhöfen zeigen, dass auch bei deutlicher Zunahme des Verkehrs mit den bestehenden Gleisen leicht das Auslangen gefunden wird.
Die Existenz einer dritten Bahnsteigkante (die im ÖBB-Vorschlag fehlt) ist für das Minimieren von Zugsverspätungen weit wichtiger.
Der Götzner Bahnhof ist die Drehscheibe des öffentlichen Verkehrsnetzes, nicht nur in Götzis, sondern in der gesamten Region am Kumma. Er hat ungefähr dieselben Nutzerzahlen wie Hohenems und Rankweil und muss auch in mindestens vergleichbarer Qualität ausgeführt werden.
Unser Vorschlag erfüllt diese Anforderung und ist zudem kostensparend, da die Gleise unverändert liegen, nur eine Weiche ersetzt wird, der vorhandene Mittelbahnsteig nur adaptiert werden muss und die bestehende Unterführung genutzt wird.
Walter Heinzle